Mit MANUELLER MEDIZIN lassen sich auch bei Kindern viele Krankheiten bessern oder gar kurieren. Aber Vorsicht! Nicht alles wirkt. Und nicht jeder Therapeut versteht sein Handwerk.
Er kann auf zwei Beinen stehen, weil ihn jemand auf Händen getragen hat. Mit ruckartigen Schritten bewegt sich Manuel (Name geändert) durch die Praxisräume von Dr. med. Siegbert Tempelhof. Der Fünfjährige hat bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen. Deshalb leidet er unter einer spastischen Lähmung der Beine. Lebenslang wird dieses Handicap ihn begleiten. Inaktive Nervenverbindungen und Muskeln, die keine Impulse erhalten, lassen sich nunmal nicht mehr heilen. Aber mit verschiedenen Methoden der manuellen Medizin ist es möglich, die Wirbelsäule aufzurichten und das Zusammenspiel der Muskeln zu optimieren, sodass Manuel nicht im Rollstuhl sitzen muss. Dazu wird der Junge einmal die Woche auf eine Liege gelegt, gehoben und gestreichelt und mit zielgerichteten winzigen Impulsen therapiert.
Menschen gesunden lassen können, gilt als unbestritten: Untersuchungen des Touch Research Instituts in Florida zeigten beispielsweise, dass Frühgeborene Entwicklungsrückstände schneller ausgleichen, wenn sie mit Händen massiert werden. In vielen deutschen Krankenhäusern ist heute deshalb das sogenannte Känguruhen gängige Praxis. Dabei wird das Frühgeborene der Mutter nackt auf die Brust gelegt. Durch den Hautkontakt fühlt sich das Kleine geborgen, und es gedeiht besser. Das Prinzip funktioniert offenbar auch in anderen Bereichen der Medizin: "Berührungen sorgen dafür, dass der Patient sich aufgehoben und im besten Sinne des Wortes gut behandelt fühlt", erklärt Experte Tempelhof.
sprechen Millionen von Rezeptoren in der Haut an. Sie leiten den Sinnesreiz an das Gehirn weiter. Resultat: Wärme, Entspannung und das Lösen von Blockaden. Und eben Bewegungsimpulse für den Körper, so wie im Fall des kleinen Manuel. Mit den Händen zu heilen hat eine lange Tradition. Seit Jahrtausenden haben sich zahlreiche Therapieformen entwickelt - in nahezu allen Kulturen. Im Fernen Osten heilen Ärzte ihre Patienten etwa mit Shiatsu oder Akupressur, bei denen der Therapeut mit sanftem Druck Energieblockaden löst. Seit mehr als hundert Jahren legen Therapeuten in westlichen Kulturen mit Methoden wie Osteopathie oder Chiropraktik Hand an den Patienten an. "Welche Methode wir heute wählen, richtet sich nach der Konstitution des Kranken und dessen Beschwerdebild", so Tempelhof.
Selbst bei schwersten Erkrankungen
können Hände manchmal lindernd wirken. Die Ambulanz für Manuelle Medizin der Rheintalklinik in Bad Krozingen zum Beispiel hat sich auf die Behandlung hirnorganisch geschädigter Kinder spezialisiert. Sie erhalten dort, so der Klinikleiter Dr. Henning Lohse-Busch, unter anderem eine Kombination aus manualmedizinischen Behandlungen, Osteopathie, Krankengymnastik und Ergotherapie. Mit ihren Händen kämpfen die Spezialisten dafür, die Entwicklung und Bewegungsfähigkeit der Kinder zu fördern. Und es gelingt in vielen Fällen.
Dennoch:
Systematische wissenschaftliche Ergebnisse zur Manualtherapie fehlen noch weitgehend. Einzelne Studien weisen zwar darauf hin, dass bestimmte Verfahren wirken. Beispiel Osteopathie: Die Universitätskinderklinik Mainz konnte in einer kleinen Studie zeigen, dass Osteopathie bei kindlichen Haltungsasymmetrien gute Ergebnisse bringt. Aber: "Beim Thema Manualmedizin wird auch viel Unsinn veröffentlicht", weiß Tempelhof. Und: Für viele Behandlungsformen gibt es keine standardisierte Ausbildung. "Osteopath können Sie sich auch nennen, wenn Sie nur einen Wochenendkurs absolviert haben", so der Orthopäde.
Wer seine Kinder
(oder sich selbst) in die Hände eines Manualtherapeuten gibt, sollte sich erkundigen, ob dieser eine gute Ausbildung hat. Am besten lässt sich das bei entsprechenden Verbänden erfragen - siehe Tabelle Seite 12. Dort erfahren Sie auch alles, was Sie über die Verfahren wissen müssen. Ärzte oder Krankengymnasten finden Sie auch im Internet unter www. gesundheitspro.de